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©PID/Bohmann

Kathrin Gaál: Mieten im Altbau doppelt so hoch wie erlaubt

Mietrecht hat jeden Kontakt zum Wohnungsmarkt verloren, Langzeit-Screening von 40.000 Inseraten durch MieterHilfe zeigt: Bundesregierung muss Mietrecht reformieren

Mietrecht hat jeden Kontakt zum Wohnungsmarkt verloren, Langzeit-Screening von 40.000 Inseraten durch MieterHilfe zeigt: Bundesregierung muss Mietrecht reformieren

Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál und MieterHilfe-Chef Christian Bartok haben heute, Donnerstag, bei einer Pressekonferenz anlässlich des 25-Jahre-Jubiläums der MieterHilfe eine umfassende Untersuchung zum Wiener Wohnungsmarkt präsentiert. Die vorliegende Erhebung ist in diesem großen Umfang einzigartig: Die MieterHilfe hat in den vergangenen 40 Monaten alle relevanten Online-Immobilienportale gescreent und hat sich insgesamt rund 40.000 Inserate, die den Altbau in Wien betreffen, angesehen. (Als Altbau gelten Wohngebäude, deren Baubewilligung vor dem 9. Mai 1945 erteilt worden ist. Das sind in Wien allein rund 220.000 Wohnungen, in denen ein Hauptwohnsitz gemeldet ist). 

Das Ergebnis der Untersuchung ist alarmierend: Die geforderten Mietpreise im Altbau liegen stabil über dem erlaubten Richtwert und sie sind fast doppelt so hoch wie erlaubt. Darüber hinaus werden 86 Prozent dieser Altbau-Wohnungen nur befristet angeboten.  

Gaál: Gesetzgeber muss entweder das Gesetz ändern oder die Überschreitung härter sanktionieren 

„Die Untersuchung der MieterHilfe zeigt in aller Klarheit: Im geförderten Wohnbau, wo mehr als 60 Prozent der Wienerinnen und Wiener leben, hat die Stadt die Wohnsituation gut im Griff. Aber die vielen Vorteile des Wiener Wohnbau-Modells sind für Wohnungssuchende am freien Wohnungsmarkt nicht immer abholbar“, zeigt sich Wohnbaustadträtin Gaál über das Resultat des MieterHilfe-Screenings sehr beunruhigt.  

Die Stadträtin schließt daraus: „Das österreichische Mietrecht ist dringend reformbedürftig, denn es hat längst den Kontakt zur realen Situation am Wohnungsmarkt verloren. Wenn ein Gesetz systematisch nicht eingehalten wird, dann kann es dafür viele Gründe geben. Eines ist dann aber klar: Der Gesetzgeber muss entweder das Gesetz ändern oder seine Überschreitung härter sanktionieren. Aus meiner Sicht ist beides notwendig. Die Bundesregierung muss hier dringend handeln“, so Kathrin Gaál. 

„Ein Gesetz, an das sich niemand hält, verliert irgendwann jede Glaubwürdigkeit. Die MieterHilfe ist Tag für Tag mit Gesetzesübertretungen konfrontiert, vor denen der Bundesgesetzgeber einfach die Augen verschließt. Und in der Corona-Ausnahmesituation hat man noch einmal deutlicher als sonst gesehen, dass dieser Missstand für viele Wienerinnen und Wiener mit enormen Nachteilen verbunden ist. Es ist absolut notwendig, diesem Ausnützen einer Gesetzeslücke einen Riegel vorzuschieben“, so MieterHilfe Chef Christian Bartok.  

Forderungen an die Bundesregierung 

Als Reaktion auf die Untersuchungsergebnisse stellen Wohnbaustadträtin Gaál und MieterHilfe-Chef Bartok konkrete Forderungen an die Bundesregierung: 

  • Einführung eines Generalmietrechts für alle Wohnbereiche: Ein faires System der Mietpreisgestaltung mit klaren Obergrenzen und nachvollziehbaren Zu- und Abschlägen für alle Mietwohnungen – unabhängig vom Jahr der Errichtung.  
  • Einführung von spürbaren Geldstrafen bei Verletzung dieser Obergrenzen: Wenn VermieterInnen vorsätzlich zu hohe Mieten und/oder Betriebskostenabrechnungen verlangen, soll die Geldstrafe bis zu 300 Prozent der zu viel verlangten Miete/Betriebskosten betragen. Zurzeit ist Mietwucher straffrei. 
  • Massive Einschränkung der Befristungsmöglichkeiten für VermieterInnen. 
  • Und zusätzlich aktuell in der Corona-Ausnahmesituation: Auch wenn Regierung und Parlament einen Kündigungs- und Delogierungsstopp verfügt haben – diese Maßnahme ist nur auf drei Monate befristet worden und läuft nun mit Ende Juni ab. Gerade bei befristeten Mietverträgen gibt es dringenden Handlungsbedarf seitens des Bundes. Der von der Bundesregierung verfügte Mietzinsaufschub und Delogierungsstopp muss unbedingt verlängert werden – bis absehbar ist, dass die Krise und ihre Folgen wirklich ausgestanden sind. Drei Monate sind jedenfalls viel zu kurz (wie die MieterHilfe schon im April angemerkt hat). 

Mieten stabil auf viel zu hohem Niveau 

Im Erhebungszeitraum der vergangenen 40 Monate sind die Mieten, abgesehen von einigen Schwankungen (etwa während der Corona-Hochphase), ziemlich stabil geblieben. Allerdings stabil auf einem viel zu hohen Niveau. Der laut Gesetzgeber vorgegebene Richtwertmietzins liegt aktuell bei 5,81 Euro. Die durchschnittlichen Nettohauptmieten bewegen sich aber bei rund 10,20 Euro.  

Theoretisch wäre dieser eklatante Preisunterschied einklagbar, von diesem Recht machen jedoch nur wenige MieterInnen Gebrauch. Ein Hauptgrund dafür ist der zweite wichtige Punkt der Erhebung, nämlich dass derzeit bereits 86 Prozent aller angebotenen Altbau-Wohnungen befristet vergeben werden. Laut Gesetz müsste hier ein Abschlag in Höhe von 25 Prozent vom Mietzins abgerechnet werden, was allerdings sehr häufig nicht passiert. MieterInnen, die sich deswegen an die MieterHilfe wenden, bekommen in der Regel Recht und erhalten die zu viel bezahlte Mieten retour. Die Chance auf eine Befristungsverlängerung tendiert dann jedoch gegen Null.  

25 Jahre MieterHilfe Wien 

Die MieterHilfe Wien feiert heuer ihr 25-jähriges Jubiläum und hat sich in dieser Zeit zu einer der wichtigsten Service-Einrichtungen der Stadt Wien entwickelt. Seit ihrem Bestehen haben mehr als 650.000 Haushalte die kostenlose Unterstützung und Information der MieterHilfe in Anspruch genommen. Sie ist die zentrale Anlaufstelle für alle wohnrechtlichen Fragen der WienerInnen und hat viele richtungsweisende gerichtliche Entscheidungen für MieterInnen im Wohnrecht erstritten.  

Wie sehr die WienerInnen das Service der MieterHilfe annehmen und zu schätzen wissen, hat man gerade auch in den vergangenen Wochen der Corona-Ausnahmesituation gesehen. Die Anfragen bei der MieterHilfe-Hotline 01 4000 8000 und per E-Mail unter office@mieterhilfe.at haben sich im Vergleich zum üblichen Aufkommen mehr als verdoppelt. Insgesamt kam es in der Hochphase der Corona-Zeit zu deutlich mehr als 10.000 Anfragen. Die häufigsten Fragen betrafen dabei auslaufende Mietverträge und Probleme beim pünktlichen Bezahlen der Miete. Ein zentraler Fixpunkt bei Anfragen an die MieterHilfe ist und bleibt aber natürlich das Thema Mieten.

 

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